In Archäologie Online publizierte Arbeiten

Forschung

logo_archaeochemieMacht diese Spezialdisziplin in der Schnittmenge zweier Wissenschaften mehr als Analysen von Fundstücken? Das Aufgabengebiet der Archäochemie erklärt Peter Kurzmann.

logo_alchPeter Kurzmann erläutert, wie sich die Formen alchemistischer Gefäße über die Jahrhunderte von allgemein üblichen Gefäßformen aus der Küche hin zu spezialisierten Destillations-, Extraktions- und Sublimationsapparaturen entwickelten.

logo_farbigDie Ausstellung über die "bunten Götter", die bereits in mehreren deutschen und schweizerischen Museen gezeigt wurde, hat auch einer breiteren Öffentlichkeit die neuesten Forschungen zur Farbigkeit antiker Statuen zugänglich gemacht. Peter Kurzmann betrachtet für uns das Thema aus archäochemischer Sicht.

entfaerbtes_glas_logoIn der Regel ist mittelalterliches Gebrauchsglas, sogenanntes "Waldglas", immer mit einem Grünstich versehen. Warum das so ist und vor allem weshalb farbstichiges Glas eigentlich nicht zu entfärben ist, behandelt Peter Kurzmann.

elemente_teaser Feuer, Wasser, Luft und Erde: die sogenannten "Vier Elemente" sind uns nicht nur bis heute noch ein Begriff, sondern sie bilden die Grundlage einer Lehre, die weiterhin Anwendung findet. Der Chemiker und Archäologe Peter Kurzmann wird auf der Suche nach den Ursprüngen dieser Lehre auch in der griechischen Mythologie fündig.

kaliumkalziumglas_teaserGelb-grüne Glassteine eines römischen Mosaiks aus Süditalien stießen den Chemiker und Archäologen Peter Kurzmann auf ein interessantes Problem: ihre chemische Zusammensetzung ist im römischen Kontext einzigartig. Es gibt vielmehr einige Indizien für eine Produktion im keltischen oder keltisch beeinflussten Bereich.

   Die Plejaden in Gold auf einem keltischen Schwert                März 2014

http://static.archaeologie-online.de/typo3temp/pics/keltenschwert_w_teaser_59314235e2.jpgEs lohnt sich, auch »Altfunde« immer mal wieder neu unter die Lupe zu nehmen. Als der Archäologe und Chemiker Peter Kurzmann ein 1891 entdecktes Schwert erneut untersuchte, fand er Überreste von Goldtauschierungen, die bisher übersehen worden waren. Die Anordnung der Tauschierungen zeigt Ähnlichkeiten mit einer besonderen Sternenkonstellation, wie sie am Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. am Nachthimmel zu sehen war.

    Die neolithische Sternkarte von Tal-Qadi auf Malta                 Juli 2014       

http://static.archaeologie-online.de/typo3temp/pics/malta_wteaser_f3eb184a3b.jpgWie es der Zufall so will, entdeckte der Archäologe Peter Kurzmann bei einem Besuch des Archäologischen Nationalmuseums von Malta ein Steintäfelchen, welches just jenes Sternbild darzustellen schien, mit dem er sich im Rahmen einer anderen Arbeit intensiv beschäftigt hatte: die Plejaden.

   Weitere Untersuchungen zur neolithischen Sternkarte von Tal-Qadi, Malta     Juli 2016

 

http://static.archaeologie-online.de/typo3temp/pics/malta_wteaser_01_31564b9b00.jpgNeue Überlegungen, viele Kommentare und der Austausch mit Kollegen veranlassten Peter Kurzmann seinen 2014 bei Archäologie Online erschienen Artikel »Die neolithische Sternkarte von Tal-Qadi, Malta« in einer überarbeiteten Version erneut zu publizieren. Zumal er vom National Museum of Archaeology in Valletta die Möglichkeit erhalten hatte, die neolithische Kalksteintafel, die vermutlich die Plejaden darstellt, im Original zu untersuchen.

 

 

 

           

 
Sonstiges

nordpfeil_teaser Die genaue Bestimmung der Himmelsrichtungen ist für archäologische Zeichnungen durchaus von großer Wichtigkeit. Doch können wir die Abweichungen von "nomierten" Orientierungen immer auf die antiken Erbauer schieben oder stimmt der Nordpfeil einfach nicht?  Peter Kurzmann geht diesen Fragen nach und verfolgt dabei die Geschichte des Magnetkompasses und seiner Problematik im Einsatz.

 

 

 

 

                       


In Fachzeitschriften publizierte Arbeiten

 

1. Peter Kurzmann, Alchemisten am Wagram, Chemie in unserer Zeit 28, 1994, 28.

 

Zwischen Krems und Wien liegt am Wagram, einer Geländestufe, die auf das Ufer der Urdonau zurückgeht, die Marktgemeinde Kirchberg a. W. mit ihrer Katastralgemeinde Oberstockstall. Dort wurde im Boden eines Nebenraumes der Kapelle, die zu dem schlossartigen Gut Oberstockstall gehört, eine Grube entdeckt, die mit über 800 teils fragmentierten, teils intakten Objekten eines alchemistischen Laboratoriums aus dem 16. Jh.verfüllt war. Der Fund wurde vom Institut für Vor- und Frühgeschichte der Universität Wien ordnungsgemäß geborgen und ist heute im Alten Rathaus zu Kirchberg ausgestellt.

 

 

2. Peter Kurzmann, Die Parther kannten keine Batterien, Galvanotechnik 85, 1994, 3645-46.

 

Seit Wilhelm König im Jahre 1940 in der Nähe von Bagdad in Parthische Zeit datierte Tongefäße mit Kupferzylindern und Eisenstäben beschrieb und als Reste galvanischer Elemente deutete, entstand eine wahre Flut von meist wenig wissenschaftlich fundierten Veröffentlichungen über elektrische Batterien, die die Parther erfunden hätten. Inzwischen hat sich in der wissenschaftlichen Welt die Erkenntnis durchgesetzt, dass es sich bei den Funden nicht um Batterien, sondern um magische Gefäße handelt. Papyrusstreifen mit einer Bitte um Schutz oder einer Verwünschung wurden um einen Eisennagel gewickelt und in einen Kupferzylinder gesteckt, der wiederum in einem mit Bitumen verschlossenen Keramikgefäß verwahrt wurde. Das Ganze wurde dann vergraben und mit weiteren Nägeln gesichert. Dahinter steckt der Glaube an die magischen Eigenschaften der Metalle und von Nägeln und nicht die frühe Erfindung einer elektrischen Batterie, wie es immer wieder kolportiert wurde.

Zwischen Eisen und Kupfer besteht zwar auf Grund der elektrochemischen Spannungsreihe theoretisch eine Potentialdifferenz von 0,79 Volt, die jedoch in der Praxis nur etwa 0,5 Volt erreicht und die in Folge der Polarisation durch Sauerstoffmangel rasch weiter abfällt. Auf keinen Fall ist eine solche „Batterie“ zu irgendeinem praktischen Zweck zu gebrauchen.

 

 

3. Peter Kurzmann, Über die chemische Analyse von Arzneimittelresten in mittelalterlichen Apothekengefäßen, Geschichte der Pharmazie (Beilage der Deutsche Apotheker Zeitung) 50, 1998, 7-12.

 

Es gibt nur wenige chemische Untersuchungen an alten Arzneimitteln; unser Wissen über sie geht praktisch ausschließlich auf die Auswertung der allerdings reichlich überlieferten Schriftquellen zurück. In der vorliegenden Arbeit wird über die chemische Untersuchung an insgesamt 13 Proben berichtet, die als Arzneireste oder im Zusammenhang damit bei archäologischen Grabungen in Biberach (Latrine einer Apotheke) und Heidelberg (Brunnen einer Apotheke) geborgen wurden. Eine Untersuchung an den makrobotanischen Resten einer Probe rundet das Bild ab.

 

 

4. Peter Kurzmann, Archäologisch nachgewiesene Arzneien und ihre Zusammensetzung, in: Stadt Münsingen (Hrsg,), Arzt und Patient im Mittelalter (Münsingen 1997) 101-103.

 

Die Erhaltungsbedingungen für Arzneireste in Gefäßen, die in Brunnenschächten, Latrinen oder Abfallgruben gefunden werden, sind sehr schlecht; sie werden mit Wasser oder dem Latrineninhalt vermischt, über den Schacht verteilt und unterliegen chemischen und  bakteriellen Angriffen. In Biberach wurden vier Keramik-Bindegefäße mit Inhalten im Latrinenschacht einer Apotheke gefunden, im Brunnenschacht einer Heidelberger Apotheke vier solcher Gefäße und ein fragmentiertes Glasfläschchen mit Inhalten. Alle diese Funde datieren in den Zeitraum Spätes Mittelalter bis Frühe Neuzeit. Die Substanzen wurden analysiert, und die Anwendungsgebiete der anhand der Ergebnisse rekonstruierten Arzneien werden angegeben. 

 

 

 5. Peter Kurzmann, Der Hildesheimer Silberschatz – Original und galvanoplastische Nachbildung, Galvanotechnik 89, 1998, 3958-63.  

 

Der Hildesheimer Silberschatz, ein Altfund aus dem Jahre 1868, wird – so weit noch erhalten – im Berliner Pergamonmuseum aufbewahrt. Das große Interesse der Öffentlichkeit an diesem Fund eröffnete einen Markt für Nachbildungen nicht nur dieser Teile, sondern auch vieler anderer Funde, die nach dem Verfahren der Galvanoplastik hergestellt wurden. 1920 stellte die WMF Repliken des Hildesheimer Silberschatzes her, und die Universität Tübingen kaufte 22 Teile. Die Unterlagen der WMF über die Herstellung der Teile gingen im Krieg verloren, und so sollte versucht werden, durch archäometrische zerstörungsfreie Untersuchungen den Herstellungsprozess zu rekonstruieren. Hierzu wurden zwei Gefäße, der kleine Buckelnapf und eine kleine glatte Schale, ausgewählt. Die chemische Analyse am Rand der Gefäße ergab das Vorliegen der Metalle Kupfer, Silber und Gold bzw. Kupfer, Silber und Zink. Die Röntgen-Untersuchung ergab, dass der Buckelnapf zweischalig aufgebaut ist, während die glatte Schale eine massive Wand besitzt.

Dieses Ergebnis besagt, dass die Nachbildungen auf verschiedenen Wegen je nach ihrer Form in unterschiedlicher Weise hergestellt wurden.

 

 

6. Peter Kurzmann, Die Destillierglocke von Bregenz, Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins – Freunde der Landeskunde 1998 (Bregenz 1998) 35-45.

 

Im Jahre 1910 veröffentlichte der Direktor des Vorarlberger Landesmuseums den Fund eines zunächst unidentifizierbaren kegelförmigen Keramikgefäßes, das erst in den 80er Jahren durch die Veröffentlichung eines ähnlichen, auf der Burg Scheidegg im Kanton Baselland gefundenen Gefäßes als mittelalterliches bis frühneuzeitliches Destilliergefäß, eine Destillierglocke, erkannt wurde.  Hinzu kamen noch weitere Destillierglocken aus Konstanz und von der Burg Köszeg/Ungarn. Die verschiedenen Konstruktionsprinzipien dieser funktionalen Teile, über die bis dahin kaum weitere Erkenntnisse vorlagen, wurden untersucht. Diese Arbeit bildete die Grundlage für eine ausführliche Untersuchung der bis dahin unbekannten verfahrenstechnischen Eigenschaften dieses Destillationsgerätetyps, die in einer gesonderten Monographie veröffentlicht wurde (vgl. Publikation Nr. 9 P. Kurzmann, Die Destillation im Mittelalter).

 

 

7. Peter Kurzmann, Antiker Schmelzofen und spätmittelalterlicher Destillierofen - Ein gemeinsames Arbeitsprinzip, Antike Welt 29, 1998, 421-22.

 

Auf mehreren attischen Gefäßen ist eine Werkstatt für Bronzeguss dargestellt. Der Schmelzofen trägt oben als Abschluss ein Keramikgefäß, dessen Funktion Formigli deutete: nach ihm befindet sich Wasser in dem Gefäß, dessen Sieden anzeigt, dass die Bronze im Ofen geschmolzen ist. Dem Autor fiel auf einem Bild von Stradanus (1570) auf, dass der dort dargestellte alchemistische Ofen, ein sog. Bequemlichkeitsofen, auf seinem Holzkohlesilo eine Wasserflasche trägt. Die Funktion dieser Flasche wird so gedeutet, dass das darin befindliche Wasser siedet, sobald die Holzkohle im Silo abgebrannt ist und die heiße Luft nach oben durchdringen kann. Dieses Arbeitsprinzip wäre dann dem des antiken Bronzeschmelzofens vergleichbar.


 

 8. Pia Kamber, Peter Kurzmann, Der Gelbschmied und Alchemist (?) vom Ringelhof (mit einem Beitrag von Yvonne Gerber), Archäologische Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, Jahresbericht 1998 (Basel 1999) 151-99.

 

Bei Bauarbeiten in der Basler Altstadtliegenschaft „Ringelhof“ wurde 1939 ein Laborinventar aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entdeckt. Über die Bergungsumstände ist lediglich bekannt, dass die Funde aus einer Abfallgrube im Keller der Liegenschaft stammen. Die frühe Datierung, die zeitliche Geschlossenheit des Inventars und eine Vielzahl bisher unbekannter Laborgefäße machen den Fund forschungsgeschichtlich außerordentlich bedeutsam.

Zur Interpretation und Deutung der Gefäße wurden alchemistische Manuskripte des 13. und 14. Jahrhunderts beigezogen, die ähnliche Gerätschaften abbilden und auch benennen.

Zum Fund gehören keramische Sonderformen des technischen Bereichs – glasierte Destilliergefäße, eine Sublimierapparatur, Keramikkupellen und ein Graphittontiegel -, die zum Teil erstmals archäologisch nachgewiesen sind. Aber auch gewöhnliches Küchengeschirr wurde zu Laborkeramik umfunktioniert. Davon zeugen Gebrauchsspuren von Hitzeschäden und Spuren von chemotechnischen Prozessen in den Gefäßen. Sowohl bei der technischen Keramik als auch bei der Haushaltsware sind immer wieder Spuren einer nachträglichen Bearbeitung zu beobachten. Dazu gehören das Abtrennen von Rändern und das sorgfältige Abschlagen von Ausgüssen und Beinen.

Für die Spezialanfertigungen aus dem Technischen Bereich können keine zeitgleichen Vergleichsfunde beigebracht werden. Die Datierung des Inventars muss daher über die Geschirrkeramik erfolgen, welches das gängige Formenspektrum eines Basler Haushalts in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts widerspiegelt: Töpfe mit Leistenrand und Wackelboden, Dreibeinpfännchen, Dreibeintöpfe, Bügelkannen, Schüsseln, Talglämpchen und Flachdeckel mit gewölbtem Zentrum.

Die archäometrische Untersuchung der Gefäße und ihrer Inhalte ergab überraschenderweise, dass im Laboratorium ausschließlich metallurgische Prozesse durchgeführt wurden. Dieser Befund ist deshalb so überraschend, weil sich unter den Gefäßen eindeutige Destilliergefäße befinden. Diese wurden jedoch zweckentfremdet zur Durchführung von Reaktionen in der Schmelze verwendet, genauso wie eine Sublimierapparatur und andere Gefäße (Talglämpchen, Dreibeingefäße, Schüsseln, Schalen, sogar eine Napfkachel). Abgesehen davon vermittelt die chemische Untersuchung der Rückstände in den Gefäßen den Eindruck eines sorgfältigen, systematischen Vorgehens bei der Durchführung der Arbeiten. Ziel war nebst der Untersuchung von Erzen auf ihre Eignung zur Herstellung von Messing offenbar das Finden von Gold und Silber in den Erzen. Ein weiteres Arbeitsgebiet war die Herstellung von Bleiglas für Emailarbeiten, Glasmalerei oder Glasuren.

Besonders bemerkenswert sind die Destilliergefäße, die einem sehr frühen Typus angehören, welcher bisher nur aus Abbildungen in einer Handschrift des 14. Jahrhunderts und aus einem ebenfalls in das 14. Jahrhundert datierten Fund in Paris bekannt war. Der Basler Fund zeigt, dass solche Destillierapparaturen bereits im 13. Jahrhundert in Gebrauch waren. Auch die Sublimierapparatur stellt einen für diese Zeit einzigartigen Fund dar.

Von herausragendem Interesse sind auch die gefundenen Gießformen für Metallronden. Sie entsprechen den von Theophilus Presbyter im 12. Jahrhundert beschriebenen Formen für den Guss des Halbzeugs, das für die Herstellung von Bechern, Kelchen oder ähnlichen Metallgefäßen benötigt wurde. Nunmehr verfügen wir auch hierfür über materielle Belege.

Das Vorkommen der Destilliergefäße lässt den Schluss zu, dass es in Basel oder der näheren Umgebung in jener Zeit wenigstens ein alchemistisches Laboratorium gegeben hat, in dem auch destilliert wurde. Vielleicht gelingt eines Tages eine entsprechende Entdeckung.

 


9. Peter Kurzmann, Die Destillation im Mittelalter – Archäologische Funde und Alchemie (mit einem Beitrag von Dorothee Ade-Rademacher, Peter Kurzmann, Ein ungewöhnliches Keramik-Gefäß aus Magstadt Kr. Böblingen) (Tübingen 2000).

 

Drei als mittelalterliche Destillationsgeräte anzusprechende Bodenfunde aus Konstanz, eine fast vollständige Destillierglocke, ein Destillierglockenfragment und eine Destillierschale, werden ausführlich beschrieben.

Die Destillierglocke hat die Form einer Frau im weiten Rock, der vorn als Dekor einen Lebensbaum trägt. Aus seinem Wurzelbereich wächst die Schnauze für das ausfließende Destillat heraus. Es wird vorgeschlagen, die Figur im Sinne der christlichen Ikonographie als Hl. Maria zu deuten, dargestellt als oder mit fons vitae, dem die wohltuende und heilkräftige aqua vitae entspringt. In Fortführung dieses Gedankens werden für andere, in der Literatur beschriebene Funde mit figürlichem Dekor analoge Interpretationen vorgeschlagen: Heiligenfiguren und eine Brunnenmaske.

Wesen und Technik der Destillation werden erläutert, ebenso wird die Entwicklung der Destilliergeräte, und zwar besonders der Keramik-Geräte, geschildert. Auf Lücken im Forschungsstand wird hingewiesen, ebenso auf die weite Streuung der Literatur, die eine Auswertung erschwert.

Anhand von Bodenfunden und spätmittelalterlicher/frühneuzeitlicher alchemistischer Literatur wird eine neue Typographie für Destillationshelme erarbeitet: Maßgebend für die Frage, ob ein Alembik oder eine Glocke vorliegt, ist lediglich der untere äußere Durchmesser des Helmes und nicht die Form des unteren Teiles (Standring/Übergangsstück vorhanden oder nicht). Der mittlere untere äußere Durchmesser der Glocken ist entsprechend den zusammen mit ihnen als Destilliergefäße verwendeten Schalen etwa zwei- bis dreimal so groß wie der der Alembiken.

Keramikglocken sind in der alchemistischen Literatur nur kurz erwähnt; als Bodenfunde stellen sie etwa 29 % der Fälle (Glasalembiken 66 %, Keramikalembiken 5 %). Dies wird in Anbetracht der Fundkontexte damit erklärt, daß sie mehr dem häuslichen, "amateurhaften" Umkreis angehören, während die Alembiken, besonders die Glasalembiken, dem professionellen Bereich zuzuschreiben sind. Der Begriff "Rosenhut" sollte wegen unscharfer Definition für die mittelalterlichen Geräte mit Schnauze nicht mehr verwendet werden. Ein Vorschlag für die Benennung der Einzelteile von Destillierhelmen soll der größeren Klarheit von Beschreibungen dienen.

Die Diskussion von zwei Rezepten für alkoholische Destillate und Hinweise auf Zusammenhänge zwischen Kochkunst und Alchemie runden das Bild ab.

In einem experimentellen Teil wird die Herstellung einer Keramik-Destillierglocke beschrieben. Die damit durchgeführten Destillationsversuche mit Wein sowie mit Wein und Kirschen ergaben, daß es nach einiger Übung durchaus gelingt, trinkbare "Wässer", auch nach Kirschen schmeckende, mit Alkoholgehalten von 25 bis vielleicht 30 Gew% zu brennen. Die kritischsten Punkte hierbei sind die Abdichtung der Fuge zwischen Glocke und Schale sowie eine gleichbleibende Temperatur der zu destillierenden Flüssigkeit, die die Siedetemperatur möglichst nicht erreichen sollte.

 

Ein Exkurs berichtet über einen Altfund aus dem Haus Keplerstr. 7 in Magstadt, der vielleicht mit dem Astronomen Kepler in Zusammenhang steht: ein Wasserbadeinsatz, der den Destillationskolben in einem Wasserbad fixiert. Zur Interpretation werden ähnliche Geräte aus der Literatur herangezogen.

 

 

10. Peter Kurzmann, Untersuchung von Glasfunden aus der Heuneburg-Außensiedlung, in: Siegfried Kurz, Die Heuneburg-Außensiedlung (Stuttgart 2000), 187-88.

 

Zwei Glasperlen und drei kleine schlackenähnliche Stücke wurden archäochemisch untersucht. Bei den Perlen handelt es sich um Kalium-Kalzium-Glas mit geringeren Natriumgehalten, die schlackenähnlichen Stücke werden für stark korrodierte Abfallprodukte der Glasherstellung (Glasflussreste, zu einem schlechten Glas umgesetzter Ofenlehm)  handeln.

Wesentlich ist der Nachweis von Kalium in den späthallstattzeitlichen Glasperlen, der anzeigt, dass die Kelten in vorrömischer Zeit Holz- oder Farnasche als alkalihaltigen Rohstoff verwandten.

 

 

11. P. Kurzmann, Ungewöhnliche Keramik aus alchemistischem Kontext. Vortrag auf dem Kolloquium „Einzelstücke – Sonderformen – Exoten. Die „kleinen Fundgruppen“ der Keramik des Mittelalters und ihre Auswertung“ des Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit der Universität Bamberg vom 10. bis 11. November 2000.

(unpubliziert)

 

Die Alchemisten verwendeten für ihre Zwecke zum einen Gefäße der üblichen Haushaltskeramik, zum anderen speziell entwickelte, besonders geformte Gefäße.

Zu der ersten Gruppe gehören Töpfe, Dreibeingefäße, Schüsseln, Flaschen, Talglämpchen, zur zweiten Gruppe Destilliergefäße wie Glocken, Alembiken, Pfannen, Retorten, Schalen, Sublimationshelme und –gefäße, Wasserbadeinsätze.

Es konnte gezeigt werden, dass die Entwicklung einer Reihe technischer Gefäße von Haushaltsgefäßen ausging; entweder erwiesen sie sich als so praktisch, dass sie oft für Jahrhunderte unverändert übernommen wurden (Beispiel: Probierscherben), oder sie wurden im Laufe der Zeit verbessert und neuen technologischen Gegebenheiten angepasst (Beispiel: Glashäfen). Eine andere Reihe von Gefäßen wurde speziell für einen bestimmten Zweck konstruiert (Beispiel: Basler Destillationsapparatur, Sublimationsapparatur) und, falls für nötig befunden, auch weiterentwickelt (Beispiel: Destillierglocke). Der Magstädter Wasserbadeinsatz ist ein Beispiel für eine sehr überlegte, in dieser Form einmalige Konstruktion; es liegen Gründe vor, sie zumindest spekulativ dem Astronomen Johannes Kepler zuzuschreiben.

 

 

12. P. Kurzmann, Archäochemische Untersuchungen an mittelalterlichem Glas: Über „farbloses“ Glas und Knochenasche-Glas. Vortrag auf dem 2. Internationalen Symposium zur archäologischen Erforschung mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Glashütten Europas vom 9. bis 12. Mai 2002 in Glashütten-Oberems.

Veröffentlicht in: P. Steppuhn (Hrsg.), Glashütten im Gespräch, Berichte und Materialien vom 2. Internationalen Symposium zur archäologischen Erforschung mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Glashütten Europas (Lübeck 2003), 46-49.

 

Die Formulierung “Das grüne mittelalterliche Glas wird entfärbt“ ist falsch. Der sog. Entfärbungsprozess mit Braunstein beruht vielmehr auf dem Zusammenwirken zweier Prozesse: das durch Eisen(II)+Eisen(III)  grün gefärbte Glas wird durch Oxidation des Eisen(II) zu Eisen(III) mit dem Braunstein gelb gefärbt. Parallel dazu entsteht durch die Reduktion des Braunstein Mangan(III), das das Glas purpurviolett färbt. Die beiden Farben “Gelb“ und „Purpurviolett“ sind Komplementärfarben, die durch subtraktive Farbmischung „Grau“ ergeben. Braunstein entfärbt also nicht, sondern er maskiert das „Grün“ nur, indem er es in ein praktisch kaum wahrnehmbares „Grau“ verwandelt.

Auch eine zweite „Entfärbemethode“, die lediglich auf der Umwandlung des „Grün“ in das vom Auge weniger gut erkennbare „Gelb“ beruht, entfärbt das Glas nicht, sondern macht die durch Eisen verursachte Färbung nur weniger gut erkennbar.

Exakt kann man also nur von einer Maskierung oder Umwandlung der ursprünglichen Glasfärbung sprechen.

 

Im zweiten Teil der Arbeit wird experimentell gezeigt, dass mit Knochenasche als Kalziumspender kein klares Glas erzeugt werden kann, wie in der Literatur gelegentlich zu lesen. Das mit Knochenasche eingebrachte Phosphat erzeugt ein Phosphatglas, das wegen fehlender Mischbarkeit mit Silikatglas zu einem trüben Glas führt. 

 

 

13. Pia Kamber, Peter Kurzmann, Ein metallurgisches Laboratorium des 13. Jahrhunderts in Basel, in: G. Helmig, Barbara Scholkmann, M. Untermann (Hrsg.), Medieval Europe Basel 2002. 3. Internationaler Kongress der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit vom 10. bis 15. September 2002 in Basel, Preprinted Papers I (Basel 2002) 312-17.

 

Der Vortrag bezieht sich auf die Publikation 8.P. Kamber, P. Kurzmann, Der Gelbschmied und Alchemist(?) vom Ringelhof.

Vorstellung des Fundes, Erläuterung der Funktion der wesentlichen Objekte, Aufzählung der durchgeführten Prozesse.

Schlussfolgerungen

Die Untersuchungen zeigen, dass in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in einem Haus des späteren Ringelhofes in der Basler Altstadt ein sehr kenntnisreicher und fähiger Laborant tätig war, der in bewunderungswürdiger Weise Erze untersuchte und Messing herstellte. Seine Mittel dazu waren offensichtlich begrenzt, und so benutzte er neben einigen professionellen Gefässen hauptsächlich Haushaltsgeschirr, auch Fragmente, und ebenso Gefässe, die eigentlich für eine andere Nutzung bestimmt waren. Vielleicht kaufte oder übernahm er leicht beschädigte Ware von einem Händler, einem Haushalt oder einem anderen Laboratorium. Besonders im Zusammenhang mit des Destilliergefässen ist dieser letzte Gedanke interessant: er führt zu der Vermutung, dass jemand in Basel oder seiner nahen Umgebung Destillationen durchführte, sei es in einem alchemistischen Laboratorium oder wahrscheinlicher (in Analogie zu den bevorzugten Fundorten der Destillierglocken) in einem gehobenen Haushalt zur Herstellung der hochgeschätzten Aqua Vitae.

 

 

14. Peter Kurzmann, Mittelalterliche Glastechnologie. Archäologie – Schriftquellen – Archäochemie - Experimente (Frankfurt/M u. a. 2004).

 

Die Monographie basiert auf der Dissertation des Autors Tübingen 2003.

 

Ausgehend von Ergebnissen archäologischer Grabungen sowie von mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Schriftquellen sollte die mittelalterliche Glastechnologie so weit wie zur Zeit möglich dargestellt und vergleichend interpretiert werden. Dabei zeigte sich sehr bald, dass der zeitliche und räumliche Rahmen sehr viel weiter gesteckt werden muss als es zunächst den Anschein hatte: Die Öfen aus Amarna (14. Jh. v. Chr.) liefern genau so Beiträge zum Verständnis wie die neuzeitliche, aber nach alten Methoden arbeitende Glashütte Lamberts in Waldsassen.

Die Rohstoffe, Ofenanlagen, Produktionsprozesse und Produkte werden mit dem Ziel behandelt, Entwicklungslinien zu erkennen und zu verstehen. Es zeigt sich wie eigentlich immer in der Technik, dass mehrere Wege, evtl. zeitlich verschoben, nebeneinander zur technischen Realisierung eingeschlagen wurden.

Die wichtigste Komponente bei den Rohstoffen ist die alkalihaltige: sie beeinflusst stark die Entwicklung der Öfen und der Prozesse. Die natürliche Soda Ägyptens und mit einigem Abstand die Halophytenasche liefern so viele das Glas verunreinigende Glasgalle, dass ein mindestens zweistufiger Prozess erforderlich ist; für den ersten Schritt wurden besondere Öfen, die Wannenöfen, konstruiert. Der Prozess des Glaserschmelzens wurde so entkoppelt, es kam sogar zur Entstehung von Betrieben, die sich auf die Herstellung des Rohglases spezialisierten.

Die Glasprodukte wurden zunächst an kleinen, runden Öfen erzeugt, die sich zu großen Öfen mit bis zu drei Ebenen (Feuerungs-, Hafen- und Kühlebene) entwickelten.

Mit dem Aufkommen der Holzasche als alkalihaltigem Rohstoff im 8. Jahrhundert im nordwestlichen Deutschland (bis jetzt erstmalig belegt durch Funde in Paderborn) begann, wie sich in der Fundsituation noch undeutlich abzeichnet, die Einführung der Hafenöfen mit zwei parallelen Hafenbänken und dem dazwischen tiefer liegenden Feuerungskanal. Ob es sich dabei um eine deutsche oder übernommene italienische Entwicklung handelt, ist allerdings noch nicht zu entscheiden. Etwa zeitgleich vollzog sich im östlichen Mittelmeergebiet der Übergang von der ägyptischen natürlichen Soda auf die Halophytenasche als Alkaliquelle.

Nebenöfen, Annexe (hypothetische Vorläufer der Flügel) sowie die Flügel der ausgebildeten Flügelöfen dienten besonderen Prozessen, der Verbesserung des Arbeitsflusses und der Energieersparnis. Als wichtigste Nebenöfen sind Frittöfen, Kühlöfen (da archäologisch schwer zu erkennen mehr erschlossen als exakt nachgewiesen) und die Strecköfen für die Flachglasherstellung zu nennen.

Die Vielfalt der Konstruktionen und der Arten der Prozessführung erstaunt. Diese Merkmale können nur bedingt für eine Datierung herangezogen werden.

 

Einige der gewonnenen überraschenden Erkenntnisse:

stonbu1  Offenbar den Ergebnissen einer Geschmacksanalyse vertrauend (eine in der Alchemie durchaus anerkannte Analysenmethode) wurde versucht, durch Stein-salzzusatz zu Holzasche eine „Halophytenasche“ herzustellen und so dem Ziel, ein dem venezianischen Glas ebenbürtiges Glas herzustellen, näher zu kommen. Der wahre Unterschied zwischen Halophyten- und Holzasche war unbekannt!

stonbu1  In karolingischer Zeit existierte eine spezielle Rezeptur (wie es scheint, unter Verwendung von Farnasche) für Gussglas, die eine Verbesserung der Fließ-eigenschaften der Schmelze zum Ziel hatte. Die Verbesserung ist auf einen extrem hohen, für die sonstigen Rezepturen dieser Zeit untypischen Kaliumgehalt zurückzuführen.

stonbu1  Die Öfen bei Agricola sind viel mehr der italienischen, insbesondere der vene-zianischen Glaslandschaft zuzuzählen als der deutschen oder böhmischen.

stonbu1  Die Kuppeln der großen runden Arbeitsöfen wurden mit Hilfe zweier verschiedener Konstruktionen stabilisiert: durch Stützstreben oder durch eine in etwa halber Höhe um den Ofen herum laufende Mauer.

stonbu1  Die These, dass technisch gute, funktional erfolgreiche Ofenkonstruktionen über lange Zeiträume und weite Entfernungen hin tradiert werden, gewinnt an Deutlichkeit.

stonbu1  Die Herstellung einer Fritte als erste Stufe eines zweistufigen Prozesses zur Glasherstellung ist in erster Linie ein Problem der Verwendung der natürlichen Soda und - abgeschwächt - der Halophytenasche als Alkaliquellen. In älteren Schriftquellen ist eine vorsichtige Abkehr von der Vorstellung der unbedingten Notwendigkeit der Fritteherstellung zu erkennen, wenn qualitative Abstriche beim erzeugten Glas gemacht werden. Bei Holzascheglas ist eine Fritteherstellung aus chemischen Gründen eigentlich nicht erforderlich (sehr geringe Chlorid- und Sulfatgehalte). Die Fritte ermöglicht jedoch durch die Alkalibindung eine Verringerung der Ofen-Korrosion, durch ihre Kompaktheit eine Arbeitsvereinfachung und durch die z. T. vorgezogene Reaktion eine Senkung der Betriebstemperatur der Arbeitsöfen.

stonbu1  „Glasschlacke“ ist eine Verlegenheitsbezeichnung für verschiedene Produk-tionsabfälle, wobei in Grabungsberichten nie klar wird, was damit gemeint ist: nicht ausreagiertes korrodiertes Gemenge (ausgetreten nach einem Hafenbruch oder Frittereste), Glasgalle (unwahrscheinlich, da Glasgalle zum überwiegenden Teil wasserlöslich ist) oder – neu herausgearbeitet – mit verdampften Alkalioxiden zu einem schlechten Glas umgesetzter, vom Ofengewölbe herabgetropfter („verglaster“) Lehm. Die Bezeichnung „Glasschlacke“ sollte nicht mehr verwendet werden.

stonbu1  Der Glasmacherofen von Haithabu wurde als kurzer früher Hafenofen mit zwei parallelen Hafenbänken und dazwischen liegendem Feuerungskanal erkannt.

stonbu1  Die Öfen von Haithabu und Kordel werden als die frühesten bis jetzt aufgedeckten länglichen Hafenöfen mit je einer Hafenbank beidseits des Feuerungskanals angesehen, die in logischer Ableitung von den kleinen runden („römischen“) Öfen nur eine Wärmezone besitzen. Erst später kamen Wärmezonen über dem vorderen Teil des Feuerungskanals oder/und hinter der Hafenzone dazu. Die letzte Entwicklungsstufe bilden die Flügelöfen mit bis zu vier Flügeln, die z. T. auch gesondert beheizt werden konnten. Obwohl diese Entwicklung auf den gleichen technischen Grundgedanken zurückgeht wie die der Annexöfen, nämlich eine Energieersparnis zu erreichen, muss es noch als fraglich angesehen werden, ob man die Annexöfen – zumindest beim derzeitigen Forschungsstand - als direkte Vorläufer der Flügelöfen ansehen kann. So wurden bis jetzt z. B. keine Öfen mit zwei oder mehr Annexen gefunden. Es kann sich bei den Flügelöfen auch um eine (technisch gesehen) Parallelerfindung in späterer Zeit handeln.

stonbu1  Der Annexofen des Arbeitsofens der Glashütte Bebenhausen wird (vielleicht nur unter anderem) der Trocknung und Vorwärmung der mit kaltem Wasser abgeschreckten Fritte gedient haben.

stonbu1  Eine noch etwas hypothetische Entwicklungslinie bei den Strecköfen wurde herausgearbeitet: sie geht von zwei getrennten Aufwärm-/Streck- und Kühlöfen über ein gewinkelt aufgestelltes Ofenpaar zu einem parallel aufgestellten Ofenpaar. Weitere neuzeitliche Entwicklungen sehr kompakter Ofenanlagen schließen sich an.

 

Ergänzend zu den grabungs- und schriftquellenbezogenen Überlegungen wurde eine Reihe von Versuchen durchgeführt, die die angestellten Überlegungen stützen (oder ggf. widerlegen) sollten. Dabei zeigte sich, dass viele der Berufsgeheimnisse der alten Glaser durchaus sinnvoll und begründet waren und von ihrem hohen empirisch gewachsenen Können sprechen. Viele archäologische Funde und Bemerkungen in den Schriftquellen können nunmehr besser verstanden werden:

 

stonbu1 Die Empfehlung der extremen Trocknung des Holzes zur Feuerung, um die notwendigen Temperaturen zu erreichen

stonbu1 Die Empfehlung der Verwendung „leichten Holzes“ zur Feuerung, um hohe Temperaturen zu erreichen

stonbu1 Geringes bis kein Auftreten von Glasgalle beim Erschmelzen eines Holzascheglases

stonbu1 Die Interpretation der sog. Gießschalen als Hafenschuhe bei der Bleiglasherstellung

stonbu1 Das von Theophilus beschriebene Erhalten von purpurfarbenem Glas für die Darstellung des Inkarnats als  Prozess, der bei hohen Alkaligehalten und geringem natürlichen Mangangehalt des Gemenges abläuft

     stonbu1 Die besonderen, auf Inhomogenitäten infolge von Mischungslücken zurückgehenden Korrosionserscheinungen bei Holzaschegläsern 

 

Bei dieser Arbeit zeigt sich wiederum, wie fruchtbar eine interdisziplinäre Behandlung eines solchen Themas ist. Chemie, Verfahrenstechnik und Archäologie kommen zusammen zu höherer Erkenntnis als die pure Addition der Wissensgebiete ausmacht.

 

15. Peter Kurzmann, Archäochemische Untersuchung eines Zeus-Votivs aus Blei, in: Ulrich Schüssler, Ernst Pernicka (Hrsg.), Archäometrie und Denkmalpflege – Kurzberichte der Jahrestagung Mannheim vom 6. bis 9. Oktober 2004 (2004) 94-96.

 

An einem dem Fundort Baalbek, Jupiter-Tempel, zugewiesenen Bleivotiv wurden Reste einer Bemalung entdeckt, die archäochemisch zu untersuchen waren. Als Pigmente wurden gelber Ocker und Ägyptisch Blau, als Bindemittel ein mehrfach ungesättigtes, also aushärtendes Öl wie Leinöl nachgewiesen. Das blaue Pigment war durch Umwandlung unter dem Einfluss des im Boden des Vorderen Orient allgegenwärtigen Chlorids grün geworden.

 

16. Peter Kurzmann, Ein Manuskript mit Zeichnungen und Benennungen alchemistischer Geräte aus dem 14. Jahrhundert, Sudhoffs Archiv 89, 2005, 151-69.

 

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Lesung, Übersetzung und Kommentierung von Zeichnungen mit Legenden alchemistischer Gefäße und Apparaturen, die auf Seite 120v des in das späte 13. Jahrhundert datierten Manuskripts 1122 Trinity College Cambridge zu finden sind. Das Manuskript wurde in England in lateinischer Sprache geschrieben. Entgegen vielfachen Angaben in der Literatur gehen die Zeichnungen weder auf Artefius bzw. Alphidius zurück noch sind sie ein Teil der Schrift „clavis sapientiae“. Sie wurden vielmehr von unbekannter Hand im späteren 14. Jahrhundert auf der freien Seite 120v des älteren Manuskripts 1122 notiert.

Die Zeichnungen lassen eine große Vielfalt von Geräten eines erstaunlich hohen Entwicklungsstandes erkennen. Es wird deutlich, dass die Abbildungen auf ältere, fachlich gute Quellen zurückgehen. Die Bezeichnungen der Apparaturen basieren vielfach noch auf arabischen Benennungen, die später verloren gingen.

Archäologische Bodenfunde bestätigen in vielen Fällen die tatsächliche Existenz gezeigter Gefäße. Man kann also davon ausgehen, dass die Zeichnungen insgesamt die Realität wiedergeben. Die Zeichnungen können so auch zur Identifizierung bisher ungedeuteter Funde in Museumsmagazinen oder von Neufunden beitragen.

 

 

17. Peter Kurzmann, Zwei vielflammige Öllampen aus Troia, Studia Troica 15, 2005, 177-82.

 

Im „Atlas trojanischer Alterthümer“ von H. Schliemann sind u. a. zwei Keramikfragmente mit den Nummern 786 und 948 wiedergegeben, die in die Zeit von Troia VIII/IX zu datieren sind. Es handelt sich um zwei Hohlteile, die aus einer vielfach gelochten oberen und einer nicht gelochten unteren Halbschale aufgebaut sind. An der Trennlinie der beiden Halbschalen setzte ein weiteres, jetzt verlorenes Keramikteil an. Zwei in der Literatur zu findende Deutungsversuche der Fragmente sind unbefriedigend, zum einen wegen falscher Datierung, zum anderen wegen falscher bzw. unbefriedigender Rekonstruktion des verlorenen Teiles.

Es wird eine neue Deutung als Fragmente von vielflammigen Öllampen vorgeschlagen. Die erhaltenen, vielfach gelochten Teile stellen die Dochthalterungen dar, die sich in der Mitte eines schüsselförmigen Gefäßes erheben.

Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde ein entsprechendes Teil in Anlehnung an das Fragment Nr. 786 aus einem geeigneten niedrig (bei etwa 980 °C) brennenden und gemagerten Ton hergestellt, der zu einer temperatur- und temperaturwechselbeständigen Keramik brennt. Versuche unter Verwendung von Olivenöl, Petroleum und verschiedenen  Dochtmaterialien ergaben, dass diese Lampe gebrauchstüchtig ist. Erwartungsgemäß erwiesen sich Dochte aus Baumwolle oder Flachs als die geeignetsten. Der sich in der heißen Lampe entwickelnde und aus den Löchern ausströmende Dampf der Öle brennt auch ohne Dochte - wie bei einer Lötlampe.

 

18. P. Kurzmann, Neues über die Destillation im Mittelalter, ZAM  Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 35, 2007, 87-100.

 

Ein wenig bekannter Altfund von Destillationsgeräten des 14. Jahrhunderts aus Dänemark bildet den Ausgangspunkt für die Bearbeitung einiger bisher unidentifizierter Grabungsfunde sowie einiger damit in Zusammenhang stehender Schriftquellen. In dem Fund aus Dänemark wird als Destillierhelm erstmals eine Tiara erkannt, die bisher nur aus Schriftquellen bekannt war. Der dänische Fund ermöglichte auch die Deutung eines Keramikgefäßes bisher unbekannter Funktion aus Norddeutschland als Kühlgerät, das entsprechend seiner Form und Funktion als Kühltrichter bezeichnet wird. Aus Süddeutschland liegen zwei Streufunde von Gefäßbodenfragmenten vor, die als Fragmente von gläsernen Destillationsvorlagen, receptacula, erkannt werden. Der Autor erweitert seine bereits veröffentlichte typographische Übersicht über mittelalterliche Destillationsapparaturen aus Keramik von bisher drei auf fünf Typen. Freunde des Museums von Odder in Dänemark, wo der dänische Fund aufbewahrt wird, führten Destillationsversuche mit einer Replik der Destillationsapparatur durch. Dabei wurde ein 67%iger, gut trinkbarer Alkohol erhalten. Eigene Destillationsversuche des Autors mit einer Destillierglocke, einem anderen Typ mittelalterlicher Destillationsgeräte, führten zu gut trinkbaren, aber nur 24-27%igen Destillaten. Diese Ergebnisse stimmen mit theoretischen Überlegungen zu den unterschiedlichen Funktionsweisen der beiden Destillierhelme überein.

In einem Exkurs wird ein gläserner Helm aus der Orient-Abteilung des Linden-Museums, Stuttgart, publiziert. Er wurde nicht ganz richtig als Sublimierhelm gedeutet. Nach weiterer Bearbeitung der islamischen Gläser im Lindenmuseum (vgl. Nr. 20 Tribus Jahrbuch) konnte die richtige Identifizierung als Helm für die Wasserdampf-Destillation, insbesondere für die Kampfergewinnung, erfolgen.

 

 

19. Peter Kurzmann, Was ist und wozu betreibt man Archäochemie? Antike Welt 2009 H. 2, 41-47.

 

Die Erkenntnis, dass die Analytische Chemie wesentliche Beiträge zum Verständnis archäologischer Funde leisten kann, ist keineswegs neu, sie geht vielmehr schon auf das Ende des 18. Jahrhunderts zurück. Im 18. Jahrhundert begann mit der Entdeckung der naturgesetzlichen Grundlagen die Entwicklung der quantitativen Analytischen Chemie, die sich von den anfänglichen, zeitaufwendigen nassanalytischen Methoden ausgehend mit atemberaubender Geschwindigkeit zu den heutigen physikalischen Verfahren unter Einbeziehung der modernen Computertechnik zu einer sich noch immer steigernden Höhe entwickelte. Die modernen, meist sehr schnellen Analysenverfahren sind mit ihren Stärken und Schwächen nur noch von Spezialisten zu überblicken. Nicht nur, dass allein sie das richtige Analysenverfahren auswählen können und die praktische Durchführung beherrschen, sondern auch, dass allein sie die in der Regel schön ausgedruckten Ergebnisse interpretieren können. Es gilt, Fehlermöglichkeiten, gegenseitige Störungen der chemischen Elemente oder Verbindungen, spezielle Unempfindlichkeiten zu kennen und zu berücksichtigen, Spektren zu interpretieren und alle Ergebnisse gegeneinander abzuwägen und auf Widersprüche hin zu untersuchen  – Tätigkeiten, die kein Archäologe allein durchführen kann. Bei aller chemischen Sachkenntnis sind die Chemiker aber nicht in der Lage, die Ergebnisse im archäologisch erfassten Kontext  zu interpretieren – dies ist die Aufgabe der Archäologen. Diese Erkenntnis führt direkt zur Forderung nach enger Zusammenarbeit von Chemikern und Archäologen oder – noch besser – zur Ausbildung von Chemikern, die auch Archäologen sind oder von Archäologen, die auch Chemiker sind. Für diese Gruppe von Wissenschaftlern wurde die Berufsbezeichnung „Archäochemiker“ eingeführt, eine Bezeichnung, die der Autor als etwas unglücklich, weil nicht aus sich heraus verständlich, empfindet. Sie hat sich nun aber eingebürgert, und die vorliegende Veröffentlichung soll dazu beitragen, den Beruf des Archäochemikers und seine Wissenschaft, die Archäochemie, allgemein bekannter zu machen.

Die Arbeit des Archäochemikers wird in einigen Beispielen gezeigt:

stonbu1  Die Analyse der Farbfassung eines kaiserzeitlichen Bleivotivs in Bezug auf die Pigmente (gelber Ocker, Ägyptisch Blau) und das Bindemittel (trocknendes Öl wie Leinöl).

stonbu1  Als Beispiel aus der Forschungsgeschichte für eine Falschinterpretation die Publikation von Schmuckperlen aus metallischem Blei, datiert in die Zeit um 6500 v. Chr., was die Einführung der Bleimetallurgie vor der Kupfermetallurgie bedeutet hätte – wenn es richtig gewesen wäre. Tatsächlich ergab die chemische Analyse 20 Jahre später, dass die Perlen aus dem Mineral Bleiglanz (Bleisulfid) bestehen.

stonbu1   Die Bestimmung der Fettreste in unglasierten Keramiktöpfen lässt Rückschlüsse auf die Nahrungsquellen zu (Art der Tiere).

stonbu1  Ursache für die bekannte unterschiedlich starke Korrosion gegossener und getriebener Gefäßteile aus Bronze (Bildung von galvanischen Elementen durch unterschiedliche elektrochemische Potentiale führt zur elektrochemischen Korrosion).

stonbu1  Die Analyse einer als ungewöhnliches Archivale überlieferten Glasgalle, einem Abfallprodukt bei der mittelalterlichen/frühneuzeitlichen  Glasherstellung, ergab ihre fast vollständige Wasserlöslichkeit. Dieser Befund erklärt, warum bei Ausgrabungen von mittelalterlichen Glashütten nie Glasgalle gefunden wird. 

 

 

20. P. Kurzmann, Funktionales islamisches Glas im Linden-Museum, Linden-Museum Stuttgart Staatliches Museum für Völkerkunde (Hrsg.), Tribus Jahrbuch des Linden-Museums  58, 2009, 137-61.

 

15 funktionale Glasgefäße aus dem Bestand an islamischen Gläsern des Linden-Museums werden publiziert, bis auf eine Ausnahme erstmalig. Es handelt sich um zwei Helme für die Wasserdampf-Destillation, ein Reagenzglas, einen Trichter, einen Meßkrug, einen Mörser, ein Pistill, ein Urinierröhrchen für Babies, ein Tintenfass, ein Wasserpfeifengefäß, vier Fläschchen und ein zoomorphes Gefäß.

Die Helme für die Wasserdampf-Destillation stellen die weitaus wichtigsten Objekte dar; sie wurden anhand eines arabischen Manuskriptes identifiziert. Ihre Funktion wird beschrieben.

 

 

21. P. Kurzmann, Einige Glasgeräte der arabischen Alchemie, Sudhoffs Archiv 93 H. 2, 2009, 184-200.

Nachtrag dazu: P. Kurzmann, Sudhoffs Archiv 94 H. 1, 2010, 111.

 

From an as yet unpublished collection, kept in the Linden Museum, Stuttgart, of some 20 Islamic glass items, 12 objects with an alchemical background have been selected and studied in detail. The most important items are two alchemical still heads which, according to an alchemical manuscript of al-Kindī, a significant 9th century Arabian philosopher, natural scientist, mathematician, physician and musician, are identified as still heads for the water-steam distillation of camphor in particular. 

Additionally the publication presented here features a medical utensil (probably recent), a measuring jug, a funnel, a mortar, a pestle, a test tube most probably 19th century and four small bottles - probably for perfume. Most of the objects originate in Iran, but some are from Egypt, Afghanistan and Palestine and date mainly from the 9th to the 13th century AD. Some misinterpretations and ambiguities to be found in the literature have been corrected and eliminated.                                                      

 

Der Nachtrag bezieht sich auf eine neue Erkenntnis zur Übersetzung zweier arabischer Bezeichnungen.

Im Verlauf der Beschäftigung mit einem griechischen alchemistischen Manuskript aus dem 11. Jahrhundert (Classe VI Medici cod. Z 299 der Biblioteca Nazionale Marciana, Venedig) kam der Autor zu einem anderen Ergebnis der Übersetzung der Bezeichnung al-mustauqad als in den Abbildungen 5 und 6 seiner o. a. Originalarbeit. In diesen Zeichnungen tritt die Bezeichnung je einmal auf, jedoch verwirrenderweise  an unterschiedlichen Stellen der abgebildeten alchemistischen Öfen: in Abbildung 5 im Ofen, in Abbildung 6 darunter, wobei in diesem Fall der Ofen selbst richtig mit al-atūn benannt wird. Der Autor ist nunmehr der Ansicht, dass die richtige Übersetzung von al-mustauqad „der Herd“ lautet und dass die Beischrift in beiden Fällen unter den Ofen gehört. Die unterschiedliche Anordnung der Beischrift dürfte auf einen Fehler des Kopisten zurückgehen.

Unter einem Herd versteht man eine feuerfeste (steinerne) Fläche, auf der das Feuer brennt. Auf dem Herd steht der zylindrische oder kegelstumpfförmige Ofen, der die Flammen und die Wärmestrahlung zusammenhält und auf das zu erwärmende Gefäß lenkt. Einen Aschenfall mit einem Rost, auf dem das Feuer brennt und durch den die Asche nach unten fällt, besitzen erst spätere Öfen einer höheren Entwicklungsstufe.

 

 

22. P. Kurzmann, Der Alchemist auf Burg Forstegg, Mittelalter Moyen Age Medioevo Temp medieval, Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins, 15, 2010/4, 117-26.

 

Im Schweizerischen Nationalmuseum wird unter der Inventar-Nummer AG 2668 ein bisher ungedeutetes eisernes Werkzeug in der Form eines langgezogenen Y aufbewahrt. Der lange, in eine Spitze auslaufende Teil besitzt einen dreieckigen Querschnitt und ist mit eingravierten, zweifellos alchemistischen Zeichen bedeckt. Eine Schriftquelle aus dem 18. Jahrhundert beschreibt, dass das Teil im Jahre 1707 vom damaligen Oberamtmann der Herrschaft Hohensax, Dr. Johann Heinrich Wolf, zusammen mit anderem eisernen Gerät in der Burg Forsteck ausgegraben wurde. Diese Burg gehörte den Freiherren von Hohensax, und unter den Vertretern dieses bedeutenden schweizerischen Adelsgeschlechts kommt als früherer Eigentümer des Teiles nur der hoch gebildete, dem reformierten Glauben anhängende  Johann Philipp von Hohensax (1550-1596) in Frage. Er studierte alte Sprachen, Medizin, Geschichte, Philosophie und Recht in Genf, Heidelberg, Paris und Oxford, wo er den Titel eines magister artium erwarb. Er war als hoher Diplomat und Militär in kurpfälzischen und nassauischen Diensten tätig. Sein Bildungsstand und sein finanzielles Vermögen zeigen sich u. a. darin, dass er – wie ziemlich sicher vermutet wird – die Manessische Handschrift erwarb. 1594 nahm er seinen Wohnsitz auf Burg Forstegg, die er nach einem Brand von 1586 wieder aufbaute. Es ist gut vorstellbar, dass er sich hier ein Laboratorium einrichtete und sich mit alchemistischen Studien befasste. Das einen gewissen Prunk aufweisende eiserne Gerät dürfte auf seine gute finanzielle Situation zurückgehen. Im Jahre 1596 wurde er im Zusammenhang mit Erbstreitigkeiten von einem Neffen aus der katholischen Linie der Familie, die auf die erste Ehe seines Vaters zurückging, im Gasthaus Löwen in Salez ermordet. Da bei einem späteren Umbau der Familiengruft in Sennwald sein Leichnam in unverwestem Zustand entdeckt wurde, hielt man ihn zunächst für den eines Märtyrers („das Wunder von Sennwald“), was zu einer rechten Odyssee der Mumie führte. Dies fand erst ein Ende, als man bemerkte, dass es sich um den Leichnam eines Reformierten handelte. Heute ruht er in einem kleinen Extraraum der Leichenhalle von Sennwald.

Das eiserne Gerät wird als Schüreisen gedeutet, wie es in alchemistischen Laboratorien in Gebrauch war. Allerdings wird man es wegen seiner aufwendigen Anfertigung und Dekoration der Gruppe der alchemistischen Prunkgeräte zuweisen müssen, die weniger dem üblichen Gebrauch, sondern mehr der Repräsentation dienten und die aus dem Umfeld  vermögender Alchemisten bekannt sind. Im vorliegenden Falle erlauben Art, Dekor und Kontext eine Datierung des Teiles in das 16. Jahrhundert. Die alchemistischen Zeichen werden als kabbalistische Formel für die Anrufung Gottes, als Hinweise auf Quecksilber und Blei zur Umwandlung in Silber bzw. Gold sowie als Aufzählung von Substanzen und Prozessen zur Bearbeitung im Feuer des alchemistischen Ofens gedeutet. Einige Zeichen sind nicht zu lesen, was auf die bekannte  Geheimniskrämerei der Alchemisten zurückzuführen ist. In den Biographien des Freiherrn findet sich kein Hinweis auf seine alchemistische Interessen, ein Verschweigen, das wohl in Anbetracht der ablehnenden Haltung der Kirchen gegenüber der Alchemie zu verstehen ist. 

 

 

23. P. Kurzmann, Das Glasmosaik vom Posilipo, dgg-journal 10, 2011/2, 57-63.

 

Im Jahre 1912 wurde ein kleines Glasmosaik aus der Ruine einer in spätrepublikanische bis hadrianische Zeit zu datierenden römischen Villa auf dem Posilipo bei Neapel publiziert. Das im Mosaik gezeigte Motiv ist römisch: eine gegen den Betrachter fliegende weiße Taube vor dem blauen Himmel über grünen Pflanzen. Ähnliche Mosaike und Fresken sind aus Pompeii bekannt. Das Taubenmosaik wurde in situ belassen, nur einige Proben wurden genommen. Die seltsame gelbgrüne Färbung einiger tesserae führte damals zu einer analytischen Untersuchung. Der festgestellte Urangehalt ist einzigartig; er wurde in den frühen 1960er Jahren bestätigt. Es sind keine weiteren Analysen möglich: das Mosaik verschwand in oder nach dem 2. Weltkrieg. Die Proben sind verloren, Dokumentationen oder Analysenberichte sind unauffindbar. Viele weitere Versuche zum Auffinden weiterer uranhaltiger römischer Gläser scheiterten.

Das zweite seltsame Analysenergebnis fand bisher keine Beachtung: der Kaliumgehalt. Entsprechend der opinio communis gibt es kein römisches Glas, das Kalium als Alkalikomponente enthält.

 Diese Fakten führten zu einem neuen Ansatz. Das Uranglas des Mosaiks stammt hiernach nicht aus einer „römischen“ Glashütte, sondern aus einer im Randgebiet unter keltischem Einfluss, vielleicht in Südengland. Zwei Gründe sprechen für diese Annahme: in Cornwall wird an vielen Stellen Uranerz an der Erdoberfläche gefunden – wahrscheinlich schon in der Antike -, und das niedrige Kalziumoxid/Kaliumoxid- (CaO/K2O)-Verhältnis in dem Glas ist typisch für Farnasche als Alkaliquelle. Die Verwendung von Farnasche ist aus England und Frankreich in späterer Zeit bekannt; sie sollte auch für frühere Zeiten anzunehmen sein. Eine versuchsweise Berechnung ergab, dass das Grundglas aus einem Gemisch aus Sand und Farnasche im Gewichtsverhältnis 1:1 hergestellt wurde. Die Herstellung eines solchen „römischen“ Glases ist nach heutigem Wissen auszuschließen. Die Frage, wie und wann die als keltisch im weitesten Sinne angesehenen tesserae nach Italien gelangten und dort zu einem Mosaik im römischen Stil verarbeitet wurden, kann allerdings (noch) nicht beantwortet werden. Weitere analytische Arbeiten an Alt- und Neufunden können uns vielleicht der Antwort näher bringen.   

 

 

24. P. Kurzmann, Über die Zeichnungen alchemistischer Gefäße in einem Manuskript des Pseudo-Geber, Sudhoffs Archiv 95 H. 1, 2011, 66-93.

 

Das in der Libreria Riccardiana, Florenz, liegende Manuskript ric. 933 „Geber de investigatione perfectionis magisterii“ stellt eine lateinische Bearbeitung aus dem 13. Jahrhundert des Buches „Geheimnis der Geheimnisse“ (kitāb sirr al-asrār“) des arabischen Alchemisten al-Rāzī (865-925) dar. Das Manuskript enthält auf Seite 25r eine Reihe von Zeichnungen alchemistischer Gefäße und Geräte, die zwar im arabischen Original nicht vorhanden sind, wegen der frühen Datierung in das 13. Jahrhundert aber trotzdem besonders interessieren. Sie zählen zu den frühesten Zeichnungen dieser Art, die wir besitzen. Die Publikation des Manuskripts durch Julius Ruska im Jahre 1935 enthält nur Umzeichnungen der Skizzen mit seinen Lesungen der Legenden. Es bestand Interesse an der Veröffentlichung der Originalseite, und bei ihrem Studium zeigte sich, daß die Lesungen zu überarbeiten waren. Diese neuen Lesungen werden in der vorliegenden Arbeit detailliert vorgestellt, begründet, z. T. neu gedeutet und in einen alchemistischen Zusammenhang gestellt. Sie weichen in einigen Fällen erheblich von Ruskas Lesungen und Deutungen ab.  

 

 

25. P. Kurzmann, Das vergessene Laboratorium in Schloss Reichenau, MittelalterMoyen AgeMedioevoTemp medieval, Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins, 16, 2011/3, 88-99.

 

Schloss Reichenau, am Zusammenfluss von Vorder- und Hinterrhein gelegen, besitzt eine Besonderheit: in einem Seitenflügel hat sich ein chemisches Laboratorium aus der Mitte des 19. Jahrhunderts in originaler Ausstattung erhalten. Von alten Laboratorien sind sonst meist nur Gefässe und Geräte, vielleicht Abbildungen überliefert, während die originalen baulichen Einrichtungen infolge von Modernisierungen, Umbauten oder sogar Abrissen für immer verloren sind. In Schloss Reichenau hingegen sind die Räumlichkeiten mit den technischen Einrichtungen weitgehend unversehrt erhalten blieben und darüber hinaus auch viele Gefässe, Geräte und Dokumente. Hier kreuzten sich die Wege zweier bedeutender Chemiker des 19. Jahrhunderts, des Praktikers Dr. Adolf von Planta (1820-1895)  und des Theoretikers Dr. August Kekulé (1829-1896) und verliefen eine Zeit lang parallel.

Das Laboratorium in Reichenau geht auf Dr. Adolf von Planta zurück. Er wurde auf dem Schloss geboren, studierte Naturwissenschaften in Berlin, Heidelberg und bei Justus Liebig in Gießen und promovierte 1845 in Heidelberg. 1852 richtete er sich zur Fortsetzung seiner Arbeiten ein Laboratorium auf seinem Schloss ein und engagierte den ihm von Liebig empfohlenen August Kekulé als Assistent.

Von Planta interessierte sich für die chemisch-analytische Untersuchung von Naturstoffen, Boden- und Wasserproben, für den Ablauf physiologischer Vorgänge, schliesslich für Bienenkunde, Botanik und Gartenbau. Der Einfluss von Liebig ist unverkennbar. Die gemeinsamen Arbeiten mit Kekulé begannen mit der Untersuchung zweier Alkaloide (Coniin und Nicotin) und erstreckten sich dann auf die Analyse von Kalkstein, Wein, Gallensteinen und vor allem auf die von Mineralwässern aus Serneus und St. Moritz.

1853 beendete Kekulé seine Tätigkeit auf Schloss Reichenau. Er blieb jedoch mit Adolf von Planta freundschaftlich verbunden.

Kekulés weiterer wissenschaftlicher Werdegang führte ihn zunächst nach London, dann nach der Habilitation in Heidelberg 1858 als Professor nach Gent und schliesslich 1867 nach Bonn, wo er hochgeehrt 1896 starb. Kekulé war besonders wegen seiner Erkenntnisse zur Strukturchemie (er erkannte z. B. die Vierwertigkeit des Kohlenstoffs und hatte die geniale Idee der ringförmigen Struktur des Benzolmoleküls) einer der bedeutendsten Chemiker des 19. Jahrhunderts.

Von Planta arbeitete nach Kekulés Weggang allein weiter auf seinen für Graubünden z. T. wirtschaftlich sehr wichtigen Arbeitsgebieten. 1895 starb er in Zürich, wo er auch begraben ist.

Die Familie von Tscharner, der Schloss Reichenau heute gehört, will das Laboratorium, in dem  Zeit und Wassereinbrüche ihre Spuren hinterließen, bewahren. Die Familie verfolgt dieses Ziel mit großem zeitlichem und finanziellem Aufwand. Es ist zu wünschen, dass die vorliegende Publikation die Aufmerksamkeit eines größeren Kreises von Interessierten auf diese Stätte der Chemie- und Heimatgeschichte Graubündens lenkt.

 

Anmerkung: Diese Arbeit, zusammen mit den Anstrengungen G.-B. v. Tscharners, brachte am 12. September 2014  die Anerkennung des Schlosses als Historische Stätte der Chemie in der Schweiz durch die Akademie der Naturwissenschaften Schweiz.

 

26. P. Kurzmann, August Kekulé in der Schweiz, Gesellschaft Deutscher Chemiker, Mitteilungen der Fachgruppe „Geschichte der Chemie“ Nr. 22 (2012) 93-107.

 

Leicht gekürzte Fassung der Arbeit Nr. 25, Das vergessene Laboratorium in Schloss Reichenau.

 

 

27. P. Kurzmann, Ein islamisches Schminkefläschchen im keltischen Grab, Germania

87, 2009, 589-602.

(Bemerkung: Das Manuskript wurde bereits 2008 eingereicht und 2009 zum Druck angenommen.  Das Heft mit der Arbeit erschien jedoch erst im 2. Halbjahr 2012).

 

Das von Oskar Fraas im Jahre 1877 in einem keltischen Hügelgrab (in das 6. Jh. v. Chr. datiert) bei Ludwigsburg im Norden Stuttgarts gefundene Glasfläschchen konnte als islamisches Glas des 14.-15. Jahrhunderts identifiziert werden. Es handelt sich um ein Fläschchen für die schwarze Augenschminke der Muslimas. Wie das Fläschchen in das Abendland und in das Keltengrab gelangte, konnte nicht geklärt werden.

Das im Londoner Victoria and Albert Museum aufbewahrte Fläschchen, das schon früher als Parallelfund erkannt wurde, half bei der Identifizierung nicht weiter, da es ohne weitere Angaben im Kunsthandel erworben wurde. Das Gleiche gilt für das mit dem Londoner Fläschchen praktisch identische Gefäß im Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz. Alle drei sind wegen ihrer großen Ähnlichkeit sicherlich in der gleichen Werkstatt hergestellt worden und in die gleiche Zeit zu datieren. Der vermutliche Herstellungsprozess wird skizziert.

Analysenergebnisse für islamische Gläser des 14./15. Jahrhunderts werden hier erstmals publiziert;  sie bieten keine Überraschungen und schließen sich völlig an die vielfach publizierten Ergebnisse aus früherer islamischer Zeit an. Es handelt sich um die üblichen  Halophytenaschegläser. Die weißen Girlanden bestehen aus einem Bleiglas.

 

28. P. Kurzmann, Rezension der Monographie von Andreas Fischer, Vorsicht Glas! Die römischen Glasmanufakturen von Kaiseraugst (Augst 2009), Germania 89, 2011, 382-385.

 

Hier einige Punkte:

Der Autor stellte sich  in seiner Lizentiatsarbeit die Aufgabe, zwei Altgrabungen, Kaiseraugst – Äußere Reben 1974.003 und 1978.004, auszuwerten.  Der erste Teil der darauf aufbauenden Monographie befasst sich mit den Bauten und den Straßen im Grabungsbereich, der zweite Teil mit den Glasmacheröfen und den Funden wie Glashäfen, Glas, Produktionsabfällen, Werkzeugen, Gebrauchskeramik und Münzen. Der Autor legte den Schwerpunkt des Buches auf die „Untersuchung der technologischen Aspekte der römerzeitlichen Glasverarbeitung respektive der Interpretation und Rekonstruktion der vorgefundenen Glasöfen“.

Als Schwäche der vorliegenden Arbeit müssen die praktisch völlig fehlenden archäometrischen Untersuchungen und Interpretationen genannt werden. Einige Beispiele:

Aus wenig verständlichen Gründen zweifelt der Autor immer wieder das Erschmelzen von Rohglas in der Werkstatt an, er glaubt an das hauptsächliche Einschmelzen von Altglas. Die Fundgattung der „Glasschlacken“ wird vom Autor zwar erwähnt, aber nicht gewürdigt. Auch bei der Ausgrabung wurde sie nicht als wesentlich erkannt. Es handelt sich um ein schwarzes, glasähnliches Material, das auch in vielen anderen Grabungsberichten erwähnt wird. Die unglückliche und falsche Bezeichnung meint ein „Glas aus Lehm“, das im Glasofen beim Niederschmelzen des Gemenges aus Alkalidampf und dem Lehm der Ofenkuppel entsteht. Sein Auftreten ein Beweis, dass in dem Ofen, gleich, ob ein Hafen- oder Wannenofen, Rohglas erschmolzen wurde.

Erfreulich ist, dass viele Hafenfragmente, z. T. mit anhaftenden Glasresten, gefunden und ausführlich bearbeitet wurden (Katalog). Besonders interessant ist das Fragment G 38, weil es die Gesamthöhe des Hafens zeigt. Das aus den Abmessungen des Fragments  G 38 ermittelte Volumen der Glasfüllung (auf Seite 92: 4 Liter) hielt allerdings einer Nachrechnung nicht stand: der Rezensent ermittelte aus den angegebenen Werten ein Volumen von knapp 3 Litern (angenäherte Berechnung als Kegelstumpf). Bei dieser Gelegenheit noch ein Rechenfehler auf Seite 120: 220 kg Glas ergeben nicht 1100 Flaschen zu je 0,5 kg, sondern nur 440.

Den Gedanken einer Beheizung der Wannenöfen von ihrer Unterseite aus sollte man nun wirklich endgültig begraben. Er entstand offenbar in Analogie zu den Hypokaustheizungen, verkennt aber völlig die anderen und viel schwereren Betriebsbedingungen bei Wannenöfen: hohe mechanische Belastung bei viel höherer Temperatur, ungünstiger Wärmeübergang zum Gemenge, auch ein chemischer Angriff durch die Glasschmelze. Es gibt keinen archäologischen Befund, der den Gedanken stützt. Auch moderne Glaswannenöfen werden von oben beheizt. Gegen den chemischen Angriff auf die Wannenwandung wird sie übrigens – entsprechend einem Gedanken von Friedrich Siemens 1870 – gekühlt, wodurch sich an ihr eine schützende Glasschicht ausbildet. Die Bemerkung über „Heizkanäle um die Wanne herum“ (Seite 88) muss in diesem Lichte sicher neu überdacht werden.

Den Schluss der Arbeit bilden Betrachtungen über soziologische Fragen, Betrachtungen zur Lage der Werkstätten und zu Szenen an den Öfen mit Rekonstruktionszeichnungen. Ein Katalog der Funde einschließlich der Münzen schließt sich an.

Erfreulicherweise untersucht die Arbeit einen bisher nur kurz bearbeiteten Ausschnitt der Karte der Stadt näher. Es ist festzustellen, dass die archäologische Aufarbeitung der beiden Altgrabungen sehr gewissenhaft und genau erfolgte, soweit es die vorhandenen Dokumentationen erlaubten. Das alte Rätsel der Interpretation der Rechtecköfen („Wannenöfen und/oder Kühlöfen“) konnte leider auch hier wegen des schlechten und unvollständigen Erhaltungszustandes der Öfen nicht gelöst werden. Die archäometrische Aufarbeitung der Befunde und Funde dagegen lässt viele Wünsche offen; viele Fehler in der Arbeit wären bei Hinzuziehung eines Archäochemikers zu vermeiden gewesen. Es war sicher gut, professionelle Glasbläser einzubeziehen, aber die vollständige wissenschaftliche Bearbeitung eines solchen technologischen Komplexes erfordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit.

 

 

29. P. Kurzmann, Funktionales islamisches Glas. Einige Objekte im Linden-Museum Stuttgart. Vortrag auf dem 4. Internationalen Symposium zur archäologischen Erforschung mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Glashütten Europas vom 5. bis 7. Juni  2009 in Trier stattfand. 

Veröffentlicht in: L. Clemens, P. Steppuhn (Hrsg.), Glasproduktion. Archäologie und Geschichte. Interdisziplinärer Dialog zwischen Archäologie und Geschichte Bd.2 (Hrsg. L. Clemens, S. Hirbodian) (Trier 2012) 209-221.

 

Vortragsfassung der Arbeiten Nr. 20 Funktionales islamisches Glas im Linden-Museum und Nr. 21 Einige Glasgeräte der arabischen Alchemie

 

 

30. P. Kurzmann, Glas vom Rand des römischen Imperiums. Das Mosaik vom Posilipo, in: E. Černá, P. Steppuhn (Hrsg.), Glasarchäologie in Europa, Regionen – Produkte – Analysen, Beiträge zum 5. Internationalen Symposium zur archäologischen Erforschung mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Glashütten Europas in Seiffen/Erzgebirge 18.-20. Mai 2012 (Most 2014) 251-258. 

 

Niederschrift der auf der Tagung vorgetragenen Fassung der Arbeit Nr. 23 Das Glasmosaik vom Posilipo.

 

 

31. P. Kurzmann, Ein frühlatènezeitliches Schwert mit Goldtauschierungen, Bayerische Vorgeschichtsblätter

Eingereicht, jedoch zur Veröffentlichung abgelehnt, da nach Meinung der Redaktion ungeeignet. Erschienen nach weiterer Bearbeitung in Archäologie Online s. o. und Archäologische Informationen 39 (2016) s. u..

 

Ein Altfund aus dem Jahr 1891, ein frühlatènezeitliches eisernes Kurzschwert, gefunden beim Bau der Eisenbahnlinie in der Nähe des Bahnhofs Allach bei München, zeigt mit Gold und Kupfer ausgeführte Tauschierungen. Auf der Vorderseite sind mit  Gold ausgefüllt ein großer Kreis, fünf kleine Kreise, eine sichelförmige Fläche und eine Gerade zu sehen, auf der Rückseite – erst später entdeckt – mit Kupferdraht ausgelegt ein Bogen mit Endpunkten und eine echte Triskele in einem Kreis. Die bisherigen Deutungen als Sonne mit den in der Antike bekannten fünf Planeten, Mond, aufgebogener Torques und eine weitere Sonne werden verlassen und durch neue Erkenntnisse ersetzt. Die fünf kleinen Kreise werden als fünf der Plejadensterne erkannt; die fehlenden zwei sind verloren gegangen, können jedoch durch Goldspuren an den entsprechenden Stellen eindeutig nachgewiesen werden. Auch der Strich, als Horizont interpretiert, war ursprünglich länger, wie Goldspuren verraten. Die große Kreisfläche wird als Mond gedeutet, der sich den Plejaden in einer sehr charakteristischen, vielleicht im Jahre 485 v. Chr. einzigartigen Weise nähert. Nicht völlig auszuschließen ist jedoch die Möglichkeit, dass die Anordnung von Mond und Plejadensternen zufällig in dieser Weise geschah. Hier fehlt die Bearbeitung durch einen Archäoastronomen.

 

Der mit Kupferdraht ausgelegte Bogen auf der Rückseite wird als stark stilisiertes Schiff gedeutet, die Triskele im Kreis als Sonne. Vielleicht ist hier die nächtliche Rückfahrt der Sonne dargestellt.

Mit diesen tauschierten Gravuren hebt sich das Schwert von den bisher bekannten ab; es handelt sich nicht um ein Kampfschwert, sondern um ein Standessymbol eines Adligen mit bedeutsamen mythologisch zu erklärenden Darstellungen.

 

32. P. Kurzmann, Die Plejaden in Gold auf einem keltischen Schwert, Archäologische Informationen der Deutschen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF).

Online: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/33555

Druckausgabe: Archäologische Informationen 39, 2016, 239-246.

 

Ein Altfund aus dem Jahr 1891, ein kurzes, eisernes mittellatènezeitliches Schwert, gefunden beim Bau der Eisenbahnlinie in der Nähe des Bahnhofs Allach bei München, zeigt mit Gold und Kupfer ausgeführte Tauschierungen. Auf der Vorderseite sind in Goldtauschierung ein großer Kreis, fünf kleine Kreise, eine sichelförmige Fläche und eine Gerade zu erkennen, auf der Rückseite – erst später entdeckt – ein Bogen mit Endpunkten und eine echte Triskele in einem Kreis, mit Kupferdraht ausgelegt. Anstelle einer bisherigen Deutung der Zeichen auf der Vorderseite als Sonne mit den in der Antike bekannten Planeten wird hier eine neue Interpretation vorgeschlagen. Die fünf kleinen Kreise werden als fünf der sieben größten Plejadensterne angesprochen; die fehlenden zwei Sterne sind durch Goldspuren an den entsprechenden Stellen eindeutig nachgewiesen. Die gerade Linie auf dem Mittelgrat der Klinge, als Horizont interpretiert, war ursprünglich länger, wie Goldspuren verraten. Die große Kreisfläche wird als Mond gedeutet, der sich den Plejaden periodisch nähert. Die mit Kupfer ausgelegten Zeichen auf der Rückseite, ein Bogen mit verdickten Endpunkten und eine Triskele, hier in einem Kreis, sind auch aus Abbildungen auf keltischen Münzen bekannt, jedoch in ihrer mythologischen Bedeutung noch nicht erfasst. Das Schwert scheint wegen seiner Abmessungen und seines geringen Gewichtes kein Kampfschwert zu sein, sondern ein Zeremonialschwert oder Rangabzeichen einer hochgestellten Persönlichkeit mit mythologisch bedeutsam zu erklärenden Darstellungen, deren tieferer Sinn uns weitgehend verborgen bleibt.

 

33. K. Hitzl, P. Kurzmann, H. Niehr, L. Petersen, Ein Bleifigürchen des Jupiter Heliopolitanus, Zeitschrift für Orient-Archäologie 8, 2015, 188-235.

 

Ein kleines, ehemals bemaltes Bleifigürchen aus der Sammlung des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Tübingen dürfte wie viele ähnliche Figurinen aus Baalbek stammen. Ihre Fundorte stehen eindeutig in Zusammenhang mit den beiden Quellen von Baalbek. Die Bleifiguren sind daher als einfache Votive aufzufassen, deren Deponierung vielleicht den Wasserreichtum der Stadt auf magische Weise sichern oder ein Zeichen des Dankes an die Götter Baalbeks sein sollte.

 

34. P. Kurzmann, Über balnea marie sowie Adler, Geier, anabiq und andere gschickte gleser, in: H. Meller (Hrsg.), Alchemie und Wissenschaft des 16. Jahrhunderts. Fallstudien aus Wittenberg und vergleichbare Befunde. Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle 14, 2016, 135-142.

 

Schriftliche Fassung des gehaltenen Referates.

Die Identifizierung zerscherbter oder auch (fast) intakter Funde in einem alchemistischen Kontext erweist sich als schwierig, wenn es sich um wenig bekannte Formen handelt. Aber auch kleine Besonderheiten von an sich bekannten Objekten können Rätsel aufgeben. Die Kenntnis der antiken, mittelalterlichen und neuzeitlichen Literatur ist unabdingbar. Die vorliegende Arbeit beschreibt einige Objekte seltener Art: Einsätze für Wasserbäder, Zirkuliergefäße, einen Helm für die Wasserdampfdestillation von Kampfer aus dem Formenschatz der arabischen Alchemie sowie Destillatorien der griechischen Alchemie. Des Weiteren werden ein mehrfach geschnäbelter Alembik, ein Schüreisen mit eingravierten alchemistischen Symbolen und Fragmente zweier ungewöhnlicher Destillationsvorlagen gezeigt. Ein Zitat aus dem Brief eines hochgebildeten Juristen und Literaten aus dem 16. Jh., der sich in die Alchemie einarbeiten will und seinen »Gevatter« um Unterstützung dabei bittet, soll in die geistige Welt eines Adepten der Alchemie einführen.