Der
Archäochemiker Dr. phil. Dr.-Ing. Peter Kurzmann fand bei einem seiner
Lieblingsautoren, Hermann Hesse, einen schönen Hinweis auf seine nicht immer
und nicht von allen verstandene Arbeitsweise, über die er im Folgenden
berichtet. |
Lesen Sie
im Zitat, was Hermann Hesse schon vor 70 Jahren in der Einführung zu seinem 1943
erschienenen, 1946 mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichneten Roman „Das
Glasperlenspiel“ mit dem
Weitblick des Dichters sagte:
"Diese Regeln, die
Zeichensprache und Grammatik des Spieles, stellen eine Art von hochentwickelter
Geheimsprache dar, an welcher mehrere Wissenschaften und Künste, namentlich
aber die Mathematik und die Musik (beziehungsweise Musikwissenschaft) teilhaben
und welche die Inhalte und Ergebnisse nahezu aller Wissenschaften auszudrücken
und zueinander in Beziehung zu setzen imstande ist. Das Glasperlenspiel ist
also ein Spiel mit sämtlichen Inhalten und Werten unsrer Kultur, es spielt mit
ihnen, wie etwa in den Blütezeiten der Künste ein Maler mit den Farben seiner
Palette gespielt haben mag."
Man kann in der Archäochemie, oder noch weiter gefasst, in der Archäometrie ein Glasperlenspiel erkennen, in
dem Erkenntnisse aus sämtlichen Disziplinen der Naturwissenschaften und Technik
untereinander und mit der Archäologie verknüpft werden, um zu neuen, größeren
und übergeordneten Erkenntnissen zu gelangen.
Die
herangezogenen Wissenschaften sind z. B. Biologie, Chemie, Astronomie, Physik,
Bauingenieurwesen, Architektur, Medizin, Anthropologie, Metrologie. Viele der
neuen, aus dieser Zusammenarbeit hervorgehenden Wissensgebiete erhalten die
Vorsilbe "Archäo", um den Bezug zur
Archäologie zu zeigen. Man spricht also von Archäobiologie
mit Archäobotanik und Archäozoologie,
Archäochemie, Archäoastronomie, Archäophysik u. a.
Für den Bereich der Technik ist die Bezeichnung „Industriearchäologie“
eingeführt.
Ein
besonderes Arbeitsgebiet ist die Experimentelle Archäologie. Sie versucht,
archäologische Funde und Befunde aller Art wie Waffen, Textilien, Werkzeuge, Gefässe, Boote, Häuser, Tore, Befestigungen zu erklären,
ihre Herstellung und Funktion zu verstehen. Repliken werden hergestellt, um
damit zu arbeiten und so die alten Prozesse verständlich zu machen.
Wie
das Konzept der Archäochemie zu verstehen ist und zu welchen Ergebnissen es zu
führen vermag, soll auf den folgenden Seiten anhand einiger Arbeitsbeispiele
gezeigt werden.
Der
Autor der vorliegenden Seiten schloss sein Erststudium als Diplom-Ingenieur der
Fachrichtung Chemie mit der Promotion ab. Sein Arbeitsgebiet nach dem
Zweitstudium der Archäologie ist also hauptsächlich die Archäochemie, wobei er
natürlich wegen seiner Ingenieurausbildung
auch auf anderen Gebieten der Technik zu arbeiten vermag.
Es
ist also ein besonderer Glücksfall, wenn verschiedene Fachrichtungen in einer
Person vereinigt sind. In der Regel wird man davon nicht ausgehen können.
Abhilfe kann dann nur die vorurteils- und
bedingungslose Zusammenarbeit verschiedener Wissenschaftler bringen, die zu der
vielgenannten interdisziplinären Arbeitsweise führt.
Voraussetzung
ist dabei natürlich, dass alle Beteiligten bereit und in der Lage sind,
verschiedene Denkweisen, Blickwinkel oder Schwerpunkte zu akzeptieren, anderes
Fachwissen aufzunehmen, sich um Verständnis dafür zu bemühen und es sogar zu
respektieren, auch wenn es nicht voll verstanden wird.
Ein spezielles Glasperlenspiel – um in Hesses
Bild zu bleiben – ist die Archäochemie.
Archäochemie ist mehr als die Durchführung
chemischer Analysen an archäologischen Objekten. Sie will vielmehr
archäologische Funde und Befunde, die irgendeinen chemisch-technologischen
Aspekt zu haben scheinen, mit chemischem Allgemeinwissen und Kenntnissen aus
Chemischer Verfahrenstechnik, Laboratoriumstechnik
sowie Werkstoffkunde untersuchen und interpretieren. Ihre Arbeit ist also
interdisziplinär. Chemiker und Archäologen kommen zusammen zu höherer
Erkenntnis als die pure Addition ihrer Einzelkenntnisse ausmacht.
Der Autor
dieser Seiten hat als promovierter Chemiker lange Jahre in der Industrie
gearbeitet und sich in seiner Freizeit immer mit archäologischen Fragen
beschäftigt. Seine heimliche Liebe galt der Klassischen Archäologie, und hier
besonders der Etruskologie.
Der Autor
während einer Lehrgrabung mit seinem ersten Pfostenloch |
Es ergab sich, dass er die
Gelegenheit zum Studium der Archäologie an der Universität Tübingen erhielt,
das er nach ordentlichem Studium mit der Promotion im Fach Archäologie des Mittelalters
mit einer Dissertation „Technologie des mittelalterlichen Glases“ abschloss. Bei
ihm liegt also der besonders glückliche Fall vor, dass Chemiker und
Archäologe in einer Person, dem Archäochemiker, vereinigt sind. |
Es
macht dem Autor Freude, Bildquellen zu studieren und – soweit wie möglich - mit
den Ergebnissen archäologischer Ausgrabungen zu vergleichen. Als Beispiel für
eine Bildquelle, die einige Rätsel aufweist, sei die Darstellung eines
Glasmacherofens von Biringuccio aus der Mitte des 16.
Jahrhunderts gezeigt.
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Hier
ist z. B. die merkwürdige Kiste vor dem Arbeiter rechts oben nicht ohne
weiteres zu verstehen. |
Der vollständige Titel seiner archäologischen Dissertation
lautet:
Technologie des
mittelalterlichen Glases
Archäologie - Schriftquellen - Archäochemie - Experimente
Die Promotion erfolgte im Jahre 2002 an der Universität Tübingen.
Die Dissertation ist in überarbeiteter und aktualisierter
Form als Buch erschienen:
Peter
Kurzmann, Mittelalterliche Glastechnologie
Archäologie
– Schriftquellen – Archäochemie – Experimente
Peter
Lang Europäischer Verlag der Wissenschaften
Frankfurt
am Main – Berlin – Bern – Bruxelles – New York – Oxford – Wien 2004
ISBN
3-631-52994-5 br.
366 S., 166 Abb., 36 Tab.
Zu beziehen über den Buchhandel
Als
besondere Arbeitsgebiete des Autors sind zu nennen:
Antike und mittelalterliche Glastechnologie
Antiker
und mittelalterlicher Bergbau mit Hüttenwesen
Antikes und mittelalterliches Handwerk
Alchemie und alchemistische Geräte
Der
Autor arbeitet jetzt freiberuflich als Archäochemiker auf den Gebieten
Beratung, Fundbearbeitung, Museumsarbeit und Publikation.
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