Die Bergschmiede
Das wichtigste Gezähe (Werkzeug) des Bergmanns waren
Schlegel und Eisen. Das Eisen stellt eine Art Meissel
dar, der etwa in der Mitte ein Loch zum Durchstecken eines Holzstieles besitzt.
Dieser Holzstiel ermöglicht dem Bergmann ein lockeres Halten und Führen,
während er mit dem Schlegel, einer Art Hammer, auf das Ende des Eisens schlägt. Dieses lockere
Halten und Führen ist wichtig, weil sich sonst die Wucht der Schläge
schmerzhaft auf den Arm überträgt.
Der Gebrauch von
Schlegel und Eisen nach Agricola 1556 |
Eine Bergschmiede
in der Nähe der Stollen- und Schachtmünder nach Beham 1530 |
Die Eisen (auch Bergeisen genannt) unterlagen einer harten
Beanspruchung, der ihr Stahl nur wenig gewachsen war. Die Bergschmieden, die
sich in der Nähe der Bergwerke befanden, dienten der Herstellung und Reparatur
der Gezähe. Hier wurden verschlagene Eisen – wenn möglich - wieder
hergerichtet. Nicht mehr reparaturfähige Bergeisen wurden verworfen und bilden
interessante Funde der Archäologen.
Links zwei plastisch
verformte Teile, rechts ein spröd gebrochenes Teil |
Verschlagene Bergeisen nach Schwabenicky (Die
mittelalterliche Bergbausiedlung auf dem Treppenhauer bei Sachsenburg (Kr. Hainichen), Arbeits- und Forschungsberichte zur
sächsischen Bodendenkmalpflege 32, 1988, 237-66.) |
Die mässige Qualität zwang die
Bergleute, beim Einfahren ein ganzes Bündel von Eisen mitzunehmen.
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Einfahrender Bergmann
mit seinen Eisen für eine Schicht nach Heinrich Gross
um 1550 Der Schlegel und ein Eisen blieben nach Arbeitsschluss
gekreuzt vor Ort liegen – als Glückszeichen |
Die Qualität der Eisen war nach heutigen Massstäben
schlecht, aber wie schlecht, ist noch nicht untersucht worden. Metallographische Untersuchungen der Härte und besonders
des Härteverlaufs über die Länge und den Querschnitt der Eisen könnten hierüber
Aufschluss geben. Wie gut wurde der Härtungsprozess beherrscht? Wie fähig waren
also die Bergschmiede? Waren es „hauptamtliche“ Handwerker oder angelernte,
invalide Bergleute?
Archäometrische Untersuchungen
hierzu sind geeignet, eine Forschungslücke zu verkleinern, wenn vielleicht auch
nicht zu schliessen.
Leider stand bisher ein Bergeisen für eine metallographische Untersuchung nicht zur Verfügung.
Das Rösten
Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht müssen sulfidische Erze, z. B. Bleiglanz PbS, Kupferkies CuFeS2, vor dem Reduzieren zum Metall nicht unbedingt abgeröstet werden. Der intentionelle Röstprozess scheint vielmehr erst im Laufe einer technologischen Entwicklung eingeführt worden zu sein. Zunächst dürfte es sich um einen reinen Erhitzungsprozess gehandelt haben (bei dem natürlich nebenbei ein Rösten erfolgte), der das Zerkleinern der Erzbrocken erleichtern sollte. Irgendwann erkannten die sehr fähigen Hüttenleute, dass sich ein so vorerhitztes Erz leichter mit besserer Ausbeute zum Metall verhütten liess – die Geburt des intentionellen Röstprozesses.
Der
Hütteningenieur C. E. Conophagos (Le Laureum antique et la technique grecque de la production de l’argent (1980))
grub die attischen Blei- bzw. Silber-Berg- und Hüttenwerke von Lavrion aus, deren Blütezeit in das 5. und 4.
vorchristliche Jahrhundert datiert wird. Trotz intensiver Suche fand er keine Röstplätze, was ihn dazu führte, einen einstufigen Prozess
zur Bleigewinnung aus Bleiglanz (Bleisulfid) und dem daraus durch Verwitterung
entstandenen Cerussit (Bleikarbonat) zu postulieren.
Er nahm dazu an, dass dieser Prozess in etwa 4 m hohen Öfen durchzuführen ist.
Inzwischen
sollen jedoch Röstplätze gefunden worden sein.
R. Hetherington (Investigations into Primitive Lead Smelting und its Products, in: W. A. Oddy (Hrsg.), Occational Paper No. 17, British Museum 1980) vertritt die Ansicht der direkten Verhütbarkeit sulfidischer Bleierze und führte entsprechende Versuche mit einem kleinen Ofen durch.
H. G. Bachmann (Archäometallurgische
Untersuchungen zur antiken Silbergewinnung in Laurion,
II. Charakterisierung von Bleiverhüttungsschlacken aus Laurion,
Erzmetall 35, 1982, 246-51) trägt diese Ansicht mit: es ist möglich, „Bleiglanz
auch ohne vorausgehenden separaten Röstprozess zu
Blei“ zu verhütten.
Chemisch stellt sich dies so dar: im Ofen befindet sich ein
Holzkohle-Bleisulfid-Gemisch. Bei geringer Luftzufuhr und daher zunächst
niedriger Temperatur kann sich auf Grund des Boudouard-Gleichgewichts
(CO2 + C ⇆
2 CO; das Gleichgewicht liegt bei niedriger Temperatur links) eine oxidierende
Atmosphäre (wenig CO, also viel O2) ausbilden, in der Bleisulfid zu
Bleioxid und Bleisulfat oxidiert wird. Bei danach verstärkter Luftzufuhr erhöht
sich die Temperatur, wodurch sich das Gleichgewicht nach rechts verschiebt und
eine reduzierende Atmosphäre (viel CO) ausbilden kann und restliches Bleisulfid
entweder direkt reduziert wird oder mit Bleioxid und Bleisulfat zu Blei
reagiert.
Dies liest sich sehr kompliziert; die alten Hüttenleute
verfügten jedoch über ein ungeheures empirisch gewonnenes Wissen, das sie
diesen Prozess sicher durchführen liess, freilich,
ohne ihn zu verstehen.
Irgendwann muss man jedoch die Vorteile des separaten Röstens erkannt haben, vielleicht im Hochmittelalter, als die Blei- bzw. Silberproduktion stark anstieg.
Agricola (De Re Metallica (1556)) beschreibt eine Unzahl von Möglichkeiten zur Durchführung des Röstprozesses, die dem jeweils zu verhüttenden Erz angepasst waren.
Es erhebt sich der Verdacht, dass die prähistorischen „Röstplätze“ in den Alpen für Kupfererze in Wirklichkeit
„Glühplätze“ waren, auf denen die rohen Erzbrocken geglüht und evtl. mit Wasser
abgeschreckt wurden, um sie leichter zerkleinern zu können. Das Erz konnte dann
leicht von der Gangart durch Ausklauben getrennt werden, wodurch sich ggf. das
Transportvolumen verringerte. Die Lage sog. Röstplätze
in der Nähe der Stollenmünder stellt sich also als sehr sinnvoll heraus.
Natürlich erfolgt neben dem Glühen stets auch ein Rösten, aber eben zunächst
nicht intentionell.