Seite 5 Alchemie

 

Alchemistische Gefässe und ihre Namen

 

In alchemistischen Schriftquellen etwa des 16. Jahrhunderts werden viele alchemistische Gefässe beschrieben und auch abgebildet. Die schriftliche Überlieferung aus früherer Zeit ist jedoch sehr dürftig; noch seltener sind archäologische Funde aus der Zeit der lateinischen Alchemie, also etwa aus dem 12./13. Jahrhundert. In der Basler Altstadt kam 1939 ein alchemistisches Inventar aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zutage, das erst 60 Jahre später publiziert wurde (P. Kamber, P. Kurzmann mit einem Beitrag von Y. Gerber, Der Gelbschmied und Alchemist(?) vom Ringelhof, in: Jahresbericht 1998 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt (1999) 151-99) . Dieses Inventar stellt das älteste bisher in Europa gefundene dar. Ein Problem bei der Publikation stellten die unbekannten, zeitgenössischen lateinischen Bezeichnungen der Gefässe dar. Hier half ein bisher wenig beachtetes, unpubliziertes Manuskript aus Cambridge weiter, das wir in das 14. Jahrhundert datierten. Dieses Manuskript enthält Skizzen einer Vielzahl alchemistischer Gefässe mit ihren lateinischen Bezeichnungen, so dass die Basler Gefässe doch mit etwa zeitgleichen Bezeichnungen versehen werden konnten.

 

 

 

 

Links ist ein altertümliches Destilliergefäss aus dem Basler Fund gezeigt, rechts die (umgezeichnete) Skizze eines entsprechenden, als vas distillationis bezeichneten Gefässes aus dem erwähnten Manuskript. Die Vertrauenswürdigkeit des Manuskriptes erscheint gesichert.

 

Das Manuskript zeigt weitere Skizzen von bisher unbekannten Gefässformen. Als Beispiel seien in einer Umzeichnung zwei besonders skurrile Formen gezeigt:

 

 

Solche Geräte wurden bisher noch nicht auf archäologischem Wege nachgewiesen. Vielleicht liegen sie aber schon unerkannt in einem Museumsmagazin und warten auf ihre Publikation. Das Basler Destilliergefäss wurde auch erst 60 Jahre nach seiner Auffindung als solches erkannt und publiziert.

Die Bearbeitung der erwähnten Manuskriptseite mit den Zeichnungen und ihren Erläuterungen ist abgeschlossen; die Publikation erfolgte in Sudhoffs Archiv 89, 2005, 151-69.

 

Ein Gedanke, der noch nicht überall Eingang gefunden hat, ist der, dass die alchemistischen Gefässe sich aus Haushaltsgefässen entwickelt haben, wenn diese nicht sogar direkt im alchemistischen Labor verwendet wurden. Ein Beispiel hierfür sind Dreibeinpfännchen, die ebenfalls im Basler Fund vertreten sind. Auch in frühneuzeitlichen Darstellungen auf Gemälden kann man diese Beobachtung machen.

 

 

  

Verwendung eines Dreibeinpfännchens in alchemistischem Kontext.

Ausschnitt aus „Der Alchemist“ von David Tenier d. J. (1610-1690)

(mit freundlicher Genehmigung Fürst zu Salm-Salm, Anholt)

 

Aber auch für den technologischen Bereich gilt diese Aussage. So wurden in der römischen Glashütte im Hambacher Forst (datiert Mitte 4. bis Anfang 5. Jh. n. Chr.) Gefässe der Typen Alzey 27 und 28 gefunden, also Haushaltskeramik, die als Glashäfen verwendet wurde (W. Gaitzsch, Spätrömische Glashütten im Hambacher Forst. Die Werkstatt des ECVA-Produzenten, in: M. Polfer (Hrsg.), Artisanats et productions artisanales en milieu rural dans les provinces du nord-ouest de l’Empire romain. Actes du colloque organisé à Erpeldange (Luxembourg) les 4 et 5 mars 1999 par le Séminaire d’Etudes Anciennes du Centre Universitaire de Luxembourg et Instrumentum (1999) 125-48).

Entsprechendes ist weiterhin aus Apotheken-Inventaren bekannt: Flaschen und Bindegefässe fanden sowohl im Haushalt als auch in der Apotheke Verwendung.

Ein weiteres Beispiel sind die Talglämpchen, deren Form mit der der Probirscherben identisch ist.